Mit freundlicher Genehmigung der dzw – Die Zahnarztwoche
ZMP Nargis Seleman arbeitet seit 2019 mit der Guided Biofilm Therapy (GBT) von EMS, Schweiz, und ist von ihr absolut überzeugt. „Für mich ist sie ein Segen“, sagt sie im Gespräch mit fan-Redakteurin Birgit Strunk. Wie diese Therapie in der GBT-zertifizierten Praxis B-Kö Smiles von Dres. David und Melike Bergfort (Düsseldorf), in der sie seit 21 Jahren arbeitet, eingesetzt wird, verrät sie in nachstehendem Interview.
Wie verlief die Erstschulung zur GBT?
Nargis Seleman: Zuerst wurde uns die GBT in der Theorie vermittelt. Im praktischen Teil konnten wir das GBT-System gegenseitig im Team trainieren. Bei der Behandlung mit Airflow Max und Plus Pulver hatte ich das Gefühl, dass meine Kollegin mich mit purem Wasser behandelte. Die Behandlung war so sanft, dass der Unterschied zur alten Methode sofort zu spüren war. Für mich ist das großes Kino – ich bin sehr begeistert. Darum kann ich die GBT jedem empfehlen, selbst empfindlichen Erwachsenen, Kindern und älteren Patienten. Es ist wirklich „no pain“.
Wie war denn die Umstellung für Sie?
Seleman: Als wir praktisch aneinander arbeiten durften, war die Umstellung von der alten Methode (Handinstrumente, klassische Politur) zuerst etwas schwierig für mich, denn ich halte jetzt das Airflow Max-Handstück wie einen Stift in der Hand. Ich war überrascht, dass das Handstück so leicht ist. Aber schon nach kurzer Zeit konnte ich mir nicht mehr vorstellen, mit etwas anderem zu arbeiten. Ich bin dankbar, dass das Handstück so leicht und ergonomisch ist, dadurch wird das Handgelenk extrem entlastet.
Wie verläuft die GBT-Behandlung bei Ihnen in der Praxis?
Seleman: Nachdem der Patient begrüßt worden ist, lassen wir ihn mit einer desinfizierenden Mundspüllösung zum Infektionsschutz für uns Mitarbeiter spülen und ermöglichen damit eine Keimreduktion im Aerosol. Im Anschluss werden alle wichtigen PAR- und Kariesbefunde im Paro-Status aufgenommen. Erst nach dem Anfärben wird der Plaqueindex erhoben. Der Patient muss sehen, wo seine Problemzonen sind, und kann nur so von uns gut motiviert werden, um sich zu verbessern. Außerdem gibt es Studien, die belegen, dass die Hälfte des Biofilms ohne Anfärben nicht entfernt werden. Das zeigt, wie wichtig dieser Schritt auch für uns ist, denn wir können nur das entfernen, was wir sehen.
Dann beginnen wir, den supra- und subgingivalen Biofilm mit Airflowing zu entfernen. Wir arbeiten ausschließlich mit dem feinen Erythritol-Pulver. Dieses hat eine Pulvergröße von 14 Mikrometer (µm). Zum Vergleich: Die meisten Pulver haben mindestens 40 µm bis 65 µm, sind also wesentlich gröber und somit abrasiver. Weil das Erythritol-Pulver so fein ist, können wir es auch auf den Schleimhäuten und der Zunge anwenden. Da das feine Pulver die Zahnhartsubstanzen nicht aufraut, benötigen wir keine abschließende Politur.
Classic Comfort Pulver nur in Ausnahmefällen
In ganz wenigen Ausnahmefällen mit sehr starken supragingivalen Verfärbungen benutzen wir das Natriumhydrogenkarbonat-Pulver (EMS Classic Comfort Pulver), das aber nur auf gesundem Schmelz angewendet werden darf. Für Resttaschen, die tiefer als vier Millimeter (mm) sind, wird das Perioflow-Handstück mit der Nozzle und Plus Pulver benutzt. Erst jetzt entfernen wir gezielt supra- und subgingivalen Zahnstein mit dem Piezon-PS-Instrument, und zwar nur da, wo auch wirklich welcher zu sehen oder dank des schlanken PS-Instruments zu ertasten ist. Das ist somit noch einmal substanzschonender.
Die anschließende Qualitätskontrolle erfolgt durch uns als Selbstkontrolle. Abschließend untersucht dann Frau Dr. Bergfort den Patienten noch einmal und erstellt die Diagnose anhand der Befunde. Ganz zum Ende der Behandlung erfolgen dann noch eine Fluoridierung und eventuell weitere unterstützende Maßnahmen sowie die Vereinbarung eines neuen GBT-Termins. Wir halten uns also an die acht Punkte des GBT-Protokolls, das gibt uns Sicherheit – natürlich für jeden Patienten individualisiert, da wir ja eine personalisierte individuelle Präventionsmedizin machen. Aber das Konzept ist vorgegeben.
Sie reinigen auch die Zunge mit GBT?
Seleman: Ja. Wir erklären unseren Patienten, dass der Biofilm nicht nur auf den Zähnen, sondern im gesamten Mundraum vorhanden ist und zu einem perfekten Biofilmmanagement auch dieser komplett einzubeziehen ist. Die Patienten finden das toll.
Thema Zeitaufwand – benötigen Sie für die GBT- Behandlung mehr Zeit als für die „normale“ PZR?
Seleman: Nein, denn es entfallen viele Arbeitsschritte, wie zum Beispiel das Arbeiten mit rotierenden Instrumenten oder Scalern und Küretten, wenn man mit dem Piezon-PS-Instrument arbeitet. Neue Patienten verstehen zunächst nicht, dass einige Arbeitsschritte entfallen, aber wir informieren sie dann darüber, dass wirklich der gesamte Biofilm, Verfärbungen und Zahnstein entfernt werden. Ich sage immer: Wir machen keine Fußmassage. Auch wenn wir einen „Wellness-Charakter“ hervorheben, es bleibt ja trotzdem eine medizinische Behandlung.
Die Patienten bekommen bei der PZR eine abschließende Politur. Wird diese bei der GBT vermisst?
Seleman: Wir erklären das GBT- Konzept bereits vor der Behandlung und weisen auch auf die Vorteile des Erythritol-Pulvers hin. Damit hat sich die Frage nach der Politur meist im Vorfeld erledigt. Manche Patienten, die GBT bisher nicht kannten, fragen trotzdem noch einmal nach. Das ist auch verständlich, denn sie waren es jahrelang gewohnt, dass die PZR mit der Politur abgeschlossen wurde. Ich fordere sie nach der Behandlung auf, mit der Zunge über die Zähne zu fühlen, und frage, ob sie etwas vermissen, was immer verneint wird.
Bei uns wird jeder Patient auch ausführlich über die Kosten informiert, denn er muss den Mehrwert erkennen. Er muss verstehen, dass es nicht nur um eine Zahnreinigung geht, sondern dass die Zahnreinigung nur ein Puzzlestein unseres Gesamtkonzepts ist. Und er muss verstehen, dass es etwas Besonderes ist, was er nicht in jeder Praxis bekommt, und dass GBT gut für ihn ist. Das muss man kommunizieren
Würden sie am GBT-Protokoll gerne etwas ändern?
Seleman: Nein. Für mich ist alles ideal.
Wie ist das Patienten-Feedback?
Seleman: Das Feedback ist durchweg positiv, selbst von den Patienten, die zunächst skeptisch waren. Sie empfinden sogar das Airflowen als angenehm, und manchmal höre ich sogar die Frage: Sind sie wirklich schon mit der Reinigung fertig, weil sie nichts spüren.
Individuelle Terminvergabe
Nach welchen Kriterien vergeben Sie die Termine?
Seleman: Das ist individuell. Der Recall-Abstand richtet sich nach der PAR-beziehungsweise Kariesrisikobestimmung. Kein Patient verlässt unsere Praxis, ohne einen Recall-Termin erhalten zu haben. Das Recall ist sehr wichtig, vor allem bei Parodontitis -Patienten.
Sie sagten eingangs, dass sie auch Kinder mit GBT behandeln. Ab welchem Alter?
Seleman: Ja, wir behandeln viele Kinder mit der GBT-Methode, und das bereits ab Kindergartenalter. Und auch unsere KfO-Kinder kommen sehr regelmäßig. Kinder haben ja in den seltensten Fällen Zahnstein, daher brauchen wir nur Airflow. In seltenen Fällen, wenn doch einmal Zahnstein vorhanden ist, gibt es das Piezon-PI-Instrument mit einem Peek-Aufsatz. Wir sagen dann: „Jetzt kommen wir mit dem Radiergummi“, das finden sie dann sogar lustig. Es ist super wichtig, dass man die ganz Kleinen schon mit auf diesen Weg nimmt, wo Prävention im Vordergrund steht, also die Ursachen für Karies, Parodontitis und andere systemische Erkrankungen mit dem perfekten Biofilmmanagement behoben werden und nicht die Folgen. Das macht dann richtig Spaß.
GBT-Behandlung zur Entspannung
Man merkt, dass Sie gerne mit GBT arbeiten.
Seleman: Ja, sehr gerne! Ich habe sogar schon abends zu Hause gedacht: Jetzt noch eine GBT-Behandlung, das wäre die richtige Entspannung. Und im Urlaub fehlt sie mir sogar. Das hat auch mit dem Patienten-Feedback zu tun. Wenn Patienten mir sagen: „Das haben Sie toll gemacht“, dann ist das ein schönes Erfolgserlebnis. Ich bin von den Ergebnissen begeistert.
Wir erzielen mit GBT sehr gute Erfolge. Wir haben beispielsweise einen Patienten, der seit Jahrzehnten mit Blattimplantaten versorgt ist. Bei ihm haben wir eine fortgeschrittene Periimplantitis diagnostiziert. Die Planung einer Neuversorgung gestaltete sich aufgrund des massiven Knochenverlustes äußerst schwierig, da der Patient auf Implantate nicht verzichten wollte, aber auch keine großen Augmentationen wünschte. Wir haben den Patienten darüber aufgeklärt, dass wir versuchen können, ihn durch engmaschiges Recall entzündungsfrei zu bekommen und dann weitersehen. Diesen minimalst-invasiven Behandlungsversuch haben wir vor über einem Jahr gestartet. In diesem Zeitraum ist der Patient in sehr kurzen Abständen zum Recall zu uns gekommen und hat auch zu Hause fleißig mit unterstützt. Er ist jetzt entzündungsfrei. Wir haben gerade ein Röntgenbild gemacht und uns sehr gefreut, dass sich langsam Knochen neu bildet. Das ist nicht nur für den Patienten ein tolles Erfolgserlebnis, sondern auch für uns.